Neben meinem eigenen Ansatz greife ich in meinen Arbeiten auf das zurück, was ich von der Keramikerin Hilde Pilz lernen durfte. Eine Darstellung des Werdegangs einer Krippenfigur in der Quetschform-Technik finden Sie hier.
Hilde (Hildegard) Pilz, geborene Geck, wurde am 25. August 1915 geboren und starb am 4. Januar 2008 im Alter von 92 Jahren in Gräfenroda. Hilde Pilz war die jüngste von vier Schwestern. Ihre Ehe mit dem Organisten Walter Pilz, im Kriegsjahr 1942 geschlossen, war nur von kurzer Dauer, denn er starb noch im gleichen Jahr an der Front. Der gemeinsame Sohn Michael Pilz wurde im Jahr 1943 geboren. Michael Pilz lebte später in den alten Bundesländern und wurde ein bedeutender Filmarchitekt und Künstler.
Hilde Pilz hatte, wie sie immer sagte, einen schönen Beruf. Nach dem Abitur besuchte sie vier Jahre lang die Keramische Fachschule in Lichte, die sie als Modelleurin und Töpferin abschloss. Sie absolvierte Praktika in Sonneberg, Römhild und Bürgel. Nach dem Zweiten Weltkrieg gründete die junge Mutter mit ihren Schwestern Therese Geck (1913−2004), Elisabeth Geck (1910−1993) und Katharina Geck (1911−1993) die Keramikwerkstatt Geck-Pilz in der Johann-Sebastian-Bach Straße 3 in Arnstadt. Die Töpferscheibe mit Fußantrieb stand in der Wohnung, ein Brennofen ab 1947 im Keller. Im Jahr danach konnte beim ehemaligen Pferdehändler Bock im Hause Kohlenmarkt 8 eine kleine Werkstatt eingerichtet werden. In diesen Räumen befindet sich heute die Gaststätte „Kulisse“. Hilde Pilz hat in vielfältiger Weise den Ton bearbeitet, immer der Tradition verpflichtet, hat sie den Techniken ihre eigene Handschrift in Formen und Dekoren gegeben. In der sogenannten Engobe-Technik, wohl am bekanntesten durch Bürgel, blau-weiß, hat sie aufwändig mehrfarbige wunderschöne Stücke gefertigt. Auch ihre Fayencen in kräftigen Farben sind sicher deutschlandweit noch heute die Freude der Bewunderer, auch im Ausland mag es Stücke davon geben. Es war zu diesen Zeiten für Hilde, die nicht im DDR-Verband Bildender Künstler war, nicht immer einfach, die richtigen Farben und Glasuren, ja sogar den richtigen Ton zu bekommen, so dass gelegentlich nur ein „Westkontakt“ half.
Ein wichtiges und interessantes Gebiet war für Hilde Pilz immer die Fertigung von Skulpturen. Sie hat dafür rotbrennenden Ton verwendet, Terrakotta, gebrannte Erde, lebend von Licht und Schatten.
Die wichtigsten und bekanntesten Skulpturen sind ihre Weihnachtskrippen. Für die kleinere Variante hat sie dafür aus Gips Quetschformen hergestellt. Die schönsten Plastiken sind jedoch die 40−−50 cm großen Figuren, die sie frei aufgebaut hat. Jedes Stück ist ein Unikat und zu bewundern in verschiedenen Kirchen, so auch in der Bachkirche zu Arnstadt. Weitere Krippen stehen zum Beispiel in Stralsund, Bad Sulza, Heiligenstadt und Eisenach.
Hilde Pilz hat in ihre keramischen Arbeiten ihr Wesen, ihren Charakter eingebracht. Die Arbeiten strahlen Wärme aus, zeigen ihre Liebe zum Einfachen, Natürlichem. Sie liebte die Natur, die Kunst, die klassische Musik, die Menschen und Tiere und transportierte dies in ihre Werke.
Mein Ehemann Reinhard Specht (1943−2012) wurde von Hilde Pilz anfänglich in seiner Arbeit als Keramiker geprägt. Nach ersten Versuchen an ihrer Töpferscheibe brachte er als Lehrer an der „Sonderschule für Körperbehinderte“ die Tonarbeiten der Schüler zum Brennen an den Kohlenmarkt. Es folgten weitere eigene keramische Arbeiten und das Angebot von Hilde Pilz, die Werkstatt zu übernehmen. Dies geschah am 1. Januar 1980. Danach entwickelte Reinhard seinen eigen künstlerischen Stil und konzentrierte sich auf experimentelle Oberflächenbearbeitung wie Kristallglasuren und kupferrote Glasuren.
In den 90er Jahren fiel es Hilde gesundheitlich zunehmend schwerer, mit Ton zu arbeiten. Sie hat mich überzeugt, mich an der Herstellung ihrer Kleinplastiken zu versuchen. Dazu übergab sie mir ihre alten Quetschformen und lehrte mich den Umgang mit Ton. Glücklicherweise gelang mir das Modellieren zunehmend besser und so entstehen sowohl die traditionellen Figuren als auch eigene Schöpfungen.
Wenn auch jede Figur individuell und somit ein Unikat ist, bleibe ich in der Nähe der künstlerischen Auffassung, die Hilde Pilz vertreten und ausgezeichnet hat.